RTL-Ohne Filter, diese Reportage hat Garbsen nicht verdient! Kommentar von Bianca Schulze

Die kleinen Fotos im Foto@ RTl.de

Garbsen – Kommentar von Chefredakteurin Bianca Schulze (56) zur Reportage Ohne Filter, so sieht mein Leben aus – härtester Brennpunkt Garbsen-Auf der Horst.

Letzte Nacht zur besten Sendezeit 🙂  (1.15 Uhr bis 1:45 Uhr) gab es die RTL Reportage unter dem Titel „Ohne Filter – So sieht mein Leben aus“, im Fernsehen.  Garbsen auf der Horst wurde hier als der härteste Brennpunkt bezeichnet. 100% Kinder mit Migrationshintergrund in der KiTa, Brände, Messerstechereien mit Koma-Opfern usw. usw. Der Beitrag von RTL kann noch in den nächsten Tagen hier angesehen werden.

Kommentar von Bianca Schulze, Chefredakteurin GCN

Zur Sprache kamen drei Menschen, die seit Jahren auf der Horst arbeiten oder wohnen: Imad Hussein(19), wohnt seit seiner Kindheit auf der Horst, Barbara Willhauck-Wilken (54), arbeitet seit 30 Jahren für die Stadt Garbsen als Ehrenamtliche und Anke Bücher (51) KiTa-Leiterin des Kindergartens Murmelstein. Keine der drei Personen erzählte auch nur eine Silbe von den guten und schönen Seiten unserer Stadt. Allein unter dem Titel „der härteste Brennpunkt“ geht jede Ausführung und Erzählung der 3 Personen unter ,der Stadtteil ist schon durch den Titel abgestempelt. Den Stadtteil Auf der Horst als den härtesten Brennpunkt zu bezeichnen ist nicht nur falsch, sondern auch lächerlich. Ich schätze die Arbeit der Nachtwanderer und auch die der KiTa Murmelstein sehr, aber ich hätte mir diese Menschen in einer Reportage mit einem anderen Titel gewünscht.

Die drei Garbsener im Gespräch, Foto: @ RTl.de

Diese Reportage hätte man auch vor 40 Jahren machen können, denn damals war es auf der Horst ganz genauso wie heute. Es hat sich nichts geändert, zumindest im Verhalten einiger Bewohner, die Betonung liegt hier auf „einige“, aber auch schon damals hat man die Horst gern als asozial betitelt. Ich bin 1968 in die Saturnringschule eingeschult worden, schon damals gab es Familien, die kinderreich und gewaltbereit waren. Die Namen dieser „Clans“ wie man sie heute nennt, werden den älteren Garbsenern noch bekannt sein. Schon damals wurde gemobbt, geprügelt und es wurden Brände gelegt. Heute brennen Container, damals brannten unsere „Hobbykeller“, die wir uns als Jugendliche in den Mehrfamilienhäusern im Kellergeschoss eingerichtet haben, um uns dort zu treffen. Den Brand der Willehadi-Kirche in der Reportage noch einmal „aufzukochen“ war unangebracht, denn wer sich auskennt weiß, dass damals Müll und alte Möbel vor der Kirche angesteckt wurden und das Ausmaß des Brandes für Niemanden einkalkulierbar gewesen ist, einen gezielten Anschlag auf die Kirche gab es nicht.

Mindestens 1 x in der Woche trafen sich zu meiner Zeit (1968-1978) damals auf der Horst die „Cliquen“ um sich gegenseitig ordentlich die Fresse zu polieren. Kastorhof gegen Neptunhof oder Bärenhof gegen Jupiterhof hieß es damals. Aber das gab es auch in Alt-Garbsen, da hieß es dann Wagnerstr. gegen Pottbergsweg. Hier standen sich dann Hunderte Jugendlicher gegenüber um einfach nur Randale zu machen und sich kräftemäßig zu messen. Auch damals gab es schon einige Idioten, die mit Messern und Waffen am Start waren. Zu erwähnen ist, dass es sich damals wie heute um einzelne Jugendliche handelte, die über die Stränge schlugen. Was ist aber mit den vielen anderen Jugendlichen, die sich von solchen Schlägereien fern hielten, anständig in der Schule lernten und trotzdem eine glückliche Kindheit auf der Horst erlebten? Gab es die nicht? Doch, die gab es. Einige Kinder von der Horst arbeiten heute in der Stadtverwaltung, bei der Polizei und bei Gericht. Unvorstellbar? Nein, auf keinen Fall!

Niedlich, wenn die Ehrenamtlichen der „Nachtwanderer“ mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen möchten um zu fragen wie es in der Schule läuft oder was denn die Jobsuche macht. Werden nach diesen Gesprächen keine Container mehr angezündet oder andere Straftaten begangen? Haben sie mit den richtigen Leuten gesprochen? Mit den Drahtziehern, den Köpfen der Randale- Gruppen? Damals jedenfalls wären Leute wie die Nachtwanderer ausgelacht worden, die „Harten“ einer Gang sprechen mit Ehrenamtlichen über ihre Probleme und werden bekehrt? Schön wär´s, wirklich schön, die Realität sieht leider anders aus. Die, die nicht wollen reden nicht.

Imad Hussein möchte weg von der Horst. Foto: RTL.de

Imad Hussein möchte gern raus aus dem Stadtteil, seine Kinder sollen nicht auf der Horst aufwachsen, dafür will er sein Fachabitur schaffen und eine Ausbildung machen. Imad ist sicher kein Einzelfall, davon gibt es viele Jugendliche auf der Horst, die die gleichen Ziele haben. Die Frage ist ob das Umfeld, die Kumpels und auch die Eltern das zulassen. Bei mir gab es damals Familien, die ihren Kindern genau diesen Weg verbaut haben, Eltern,  die ihre Kinder zum Klauen geschickt haben und bei einer eins in Mathe gab es abfällige Bemerkungen der Familienmitglieder, ja das gab es und gibt es noch heute. Die einen haben es schwerer, die anderen nicht, so ist das nun mal. Am Ende ist dann doch jeder seines eigenen Glückes Schmied.

Wir hatten genau wie die Jugendlichen heute das Freizeitheim, indem wir uns treffen konnten und darin gab sogar einmal wöchentlich eine Discothek. Hier kamen alle zusammen, die Guten und die Bösen und es hat hingehauen, warum? Weil an den Türen harte Burschen standen, die auch nur bei der kleinsten Rangelei, Mobbing oder Ähnliches die betreffenden Verursacher unsanft vor die Tür setzen. Da wusste jeder noch so schlimme Schlingel, benehme ich mich nicht, bin ich draußen. Discotheken wie Die Altdeutsche, später Greta Green, das KU oder der Musikladen an der B6, ließen Woche für Woche alle Jugendlichen der Stadt zusammenkommen um zu feiern. Natürlich gab es hier und da Schlägereien, sogar Messerstechereien oder andere Dinge hat es gegeben, aber es war nie die Regel, eher die Ausnahme. Sicher würde das auch heute noch funktionieren, nur leider gibt es keine Discotheken mehr in Garbsen. In Hannover klappt es ja auch.

In dem Beitrag von RTL hat der Zuschauer das Gefühl, dass Garbsens auf der Horst das reinste Ghetto ist und Brände, Mord und Totschlag an der Tagesordnung sind, vor allem wegen der vielen Ausländer, oder warum wird erwähnt, dass z.B. in der KiTa Murmelstein 100% der Kinder einen Migrationshintergrund haben? So ein Blödsinn! Auch in anderen Stadtteilen von Garbsen werden Container angezündet, Brände gelegt und Köperverletzungen begangen, auch von deutschen Mitbürgern.

Das ist auf der Horst? Foto: @ RTL.de

Garbsen hat diese Reportage einfach nicht verdient. Da sollte man sich mal den Stadtteil Neukölln in Berlin anschauen, oder die Benz-Baracken in Mannheim, wie siehts denn mit dem Kronsberg in Berenbostel aus und was mit dem Stadtteilen Mühlenberg oder Vahrenheide in Hannover? Garbsen auf der Horst bekommt genauso wenig eine Chance wie damals das Ihme-Zentrum. Die tollen Geschäfte hat damals kaum einer gesehen, nur die schlimmen Hochhäuser mit den vermeintlich schlimmen Menschen darin.

Stadtteile wie den unseren gibt es überall in Deutschland, in jeder Stadt. Es liegt an den Menschen, die aus Frust, Wut und anderen Gründen andere mobben, gewaltbereit und uneinsichtig sind. Gott sei Dank sind diese Menschen aber immer noch in der Minderheit, auch in Garbsen auf der Horst. Diese Minderheit ist sicher auch nicht bereit mit irgendwelchen „Streetworkern“ einen netten Plausch zu halten. Wäre es so, gäbe es diese Probleme nicht mehr.

Garbsen ist eine schöne Stadt, die ihren Bewohnern jede Menge zu bieten hat, natürlich fehlt es an einigen Dingen. Dem einen fehlt die Disco, dem anderen die Bolzplätze, wieder Andere wünschen sich noch mehr Freizeitangebote oder oder oder. Bald wird es wieder ein Freibad geben. Sicher kann man hier nicht alle Wünsche erfüllen, aber Garbsen gibt sich ständig Mühe, unsere schöne Stadt weiterzuentwickeln und seinen Bürgern und Bürgerinnen ein positives Wohnumfeld zu bieten.

Eines sollte man jedenfalls nicht machen, unserer Stadt gezielt dem Stadtteil auf der Horst  die Schuld daran geben, dass Jugendliche hier zu Verbrechern werden. Das entscheidet jeder immer noch für sich selbst und auch in Städten, die alles zu bieten haben gibt es immer wieder diese Chaoten die sich nicht an die Regeln halten, heute und auch vor 40 Jahren. Garbsen auf der Horst, härtester Brennpunkt? Dass ich nicht lache….

GCN/bs