Garbsen – Konflikt im Ortsrat – Stadtteilhaus im Zentrum einer hitzigen Flüchtlingsdebatte – Sondersitzung anberaumt.
Im Rathaus der Stadt Garbsen entbrennt eine hitzige Debatte um die zukünftige Nutzung des Stadtteilhauses in Altgarbsen. Nachdem der Beschlussantrag 236/2023, der besagt, dass die Stadtverwaltung einen Betreiber zur Unterbringung von Flüchtlingen im Stadtteilhaus in Altgarbsen suchen will, in der letzten Ortsratssitzung von der Tagesordnung genommen wurde (wir berichteten), kündigt die Stadtverwaltung nun eine Sondersitzung des Ortsrates für den 21. November 2023 an, die die politischen Wellen hochschlagen lässt.
Hintergrund und bisherige Entwicklung: Das Stadtteilhaus in Altgarbsen, einst ein zentraler Anlaufpunkt für die Gemeinschaft, steht im Mittelpunkt einer kontroversen Diskussion. Die ursprüngliche Idee, das Gebäude als Unterkunft für Flüchtlinge zu nutzen, hat zu einer Spaltung im Ortsrat geführt. In der letzten Ortsratssitzung am Mittwoch, den 08.11.23 wurde die Entscheidung über die Beschlussvorlage 236/2023, die die Suche nach einem Betreiber für die Flüchtlingsunterbringung unmittelbar nach der Kaufunterschrift vorsieht, überraschend vertagt. Dieses geschah auf Wunsch der CDU, FDP und Grüne. Wir berichteten Hier die Beschlussvorlage Beschlussvorlage 236_2023 (Inbetriebnahme einer weiteren Einrichtung zur Unterbringung von Geflüchteten).pdf
Aktuelle Entwicklungen: Angesichts des Drucks, der auf der Stadtverwaltung lastet, wurde nun eine Sondersitzung für den 21. November 2023 um 17:00 Uhr anberaumt, um die Angelegenheit erneut im Ortsrat zu diskutieren. Die Stadtverwaltung scheint entschlossen, in der Ratssitzung am 4. Dezember eine Abstimmung über die Beschlussvorlage auf den Weg zu bringen, dieses ist aber nur möglich, wenn die Vorlage vorher im Ortsrat diskutiert wurde. Normalerweise war die nächste Ortsratssitzung erst für Anfang 2024 geplant.
Positionen und Reaktionen der Ortsratsmitglieder: Die Mitglieder der CDU, Grünen und FDP, die in der letzten Sitzung (8.11.23) für die Vertagung der Vorlage stimmten, äußern sich besorgt und überrascht über die angesetzte Sondersitzung. Christof Wenzel (CDU) kritisiert das Vorgehen des Bürgermeisters und wirft ihm vor, die Rechte des Ortsrates zu missachten. Wenzel vermisst ausserdem auf der Tagesordnung den Antrag der CDU, der eine Bürgerbeteiligung vor Entscheidung fordert. Hier der Antrag der CDU Antrag Stadtteilhaus
Darius Pilarski (Grüne) betont, dass ohne ein ausgereiftes Konzept keine sinnvolle Diskussion möglich sei. Ulrich Jagstaidt (FDP) äußert sich ähnlich und fordert eine stärkere Einbeziehung der Bürger in den Entscheidungsprozess. “Es scheint, als wolle der Bürgermeister den Beschluss mit der Brechstange durchsetzen. Dabei streben wir lediglich eine Bürgerbeteiligung an, die eine Selbstverständlichkeit sein sollte”, so Jagstaidt. Die Stadt Garbsen hat zwar vor, eine Infoveranstaltung für Anwohner und Bürger zu organisieren, aber wie bei allen anderen Flüchtlingsunterkünften, soll diese nach Entscheidung der Politik und lediglich vor Einzug der Geflüchteten erfolgen.
Die Rolle des Bürgermeisters und der Stadtverwaltung: Der Bürgermeister und die Stadtverwaltung stehen unter Druck, eine schnelle Lösung für die Unterbringung von Flüchtlingen zu finden, die voraussichtlich Frühjahr 2024 in Garbsen untergebracht werden müssen. Die Entscheidung, eine Sondersitzung anzusetzen, wird von einigen Ortsratsmitgliedern als Versuch gesehen, den Beschluss durchzusetzen, ohne die Bedenken und Anforderungen des Ortsrates vollständig zu berücksichtigen. Claudio Provenzano äußerte sich in einer Stellungnahme in der letzten Ortsratssitzung zu dem Thema. Hier die Stellungnahme Stellungnahme-des-Bürgermeisters-zum-Stadtteilhaus
Ausblick und mögliche Konsequenzen: Die bevorstehende Sondersitzung Ortsrates und die Ratssitzung am 4. Dezember 2023 werden entscheidend sein für die Zukunft des Stadtteilhauses. Hier haben Bürger voraussichtlich die letzte Möglichkeit, sich zu den Plänen der Stadt in einer Bürgerfragestunde zu äußern, da beide Sitzungen öffentlich sind. Die Diskussionen versprechen intensiv zu werden, da die Meinungen stark auseinandergehen. Es bleibt abzuwarten, ob eine Lösung gefunden werden kann, die sowohl den Bedürfnissen der Flüchtlinge als auch den Anforderungen der Stadt und ihrer Bürger gerecht wird.
Eine Teilnahme für Bürger ist sowohl online als auch vor Ort möglich. Wer über das elektronische Programm WebEx teilnehmen möchte, wird um formlose Anmeldung per E-Mail an [email protected] gebeten, kann sich aber auch telefonisch unter (0 51 31) 707 -324 oder -345 anmelden. Das ist möglich bis um 12 Uhr am Sitzungstag. Der Zugangslink zu der Sitzung sowie weitere Informationen werden rechtzeitig per E-Mail zugesendet, heisst es in einer Pressemeldung der Stadtverwaltung.
Eine Ortsbesichtigung wäre sicher von Vorteil
Nach Rücksprache mit vielen Rats- und Ortsratsmitgliedern hat GCN festgestellt, dass der Großteil der Politiker das 2018 nagelneu eröffnete Objekt überhaupt nicht kennen und deshalb über die Nutzung eines 9-Millionen Projekts abstimmen müssten, ohne es je gesehen zu haben. Hier wäre eine Ortsbesichtigung aller Fraktionen sicherlich von Vorteil. Der Mieter einer der Wohnungen im Gebäude sagte bei der letzten Ortsratssitzung am 08.11.23 “Ist es wirklich notwendig, dass in diesem Luxus-Objekt, wo der Quadratmeter Wohnfläche rund 13,00 Euro Miete kostet, Flüchtlinge unterzubringen? Konnte die Stadt sich hier nicht anderweitig kümmern, zumal nur ein paar Hundert Meter weiter rund 500 Flüchtlinge im ehemaligen Praktiker-Gebäude untergebracht sind?
Ortsratsmitglied Julian Cremer (SPD) sendete GCN am Montag Abend, 12.11.2023 zu diesem Thema folgende Pressemeldung, die wir nachstehend hier im Original abbilden:
Ortsratssitzung Garbsen: Stadtteilhaus-Nutzung sorgt für Emotionen und Diskussionen
Wie spannend Politik sein kann, haben die anwesenden Bürgerinnen und Bürger am 8. November während der Sitzung des Ortsrats Garbsen erlebt.
Auf Seiten der SPD herrschte Unverständnis angesichts des Verhaltens der anderen anwesenden Fraktionen. Mit einem Dringlichkeitsantrag wollte die CDU die Durchführung einer Bürgerversammlung noch vor dem Ankauf der Immobilie Stadtteilhaus erreichen. Eine Dringlichkeit dazu war aber nicht gegeben, da der Ankauf bereits Mitte des Jahres beschlossen wurde.
Daraufhin wurde die Absetzung der Beschlussvorlage der Verwaltung beantragt, die vorsorglich einer eventuellen Nutzung des Stadteilhauses als Unterkunft für Geflüchtete die Ausschreibung eines Betreibers zum Ziel hat. Die Absetzung wurde gegen die Stimmen der SPD beschlossen. So sollte wohl verhindert werden, dass über den zu Beginn der Sitzung bereits vorliegenden Vorschlag der SPD diskutiert werden, mit dem eine rechtzeitige Informations- und Dialogveranstaltung initiiert werden sollte, bevor eine Nutzung als Unterkunft für Geflüchtete im Stadtteilhaus beginnen würde.
Die SPD setzt sich genauso wie der Bürgermeister dafür ein, dass die Stadt Vorsorge trifft für möglicherweise zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten. Dabei ist die Wiederaufnahme des Betriebs der Rudolf Harbig Halle der richtige Schritt, diese wieder für den Schul- und Vereinssport anbieten zu können.
Da die Stadt aber erfahrungsgemäß nicht erst kurzfristig Betreiber suchen kann, sollte es notwendig sein, weitere Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen, ist infolge der Absetzung der Beschlussvorlage von der Tagesordnung nun eine Sondersitzung des Ortsrates Garbsen am 21. November erforderlich. Julian Cremer (SPD) Ortsrat
GCN/bs