Entscheidung im Garbsener Stadtrat – Stadtteilhaus wird Flüchtlingsunterkunft

Das Stadtteilhaus in Altgarbsen/GCN
Garbsen – Entscheidung im Garbsener Stadtrat – Stadtteilhaus wird Flüchtlingsunterkunft.

In einer wegweisenden Ratssitzung am Montag, dem 4. Dezember, hat der Stadtrat von Garbsen über die zukünftige Nutzung des Stadtteilhauses entschieden. Mit einer deutlichen Mehrheit wurde die Beschlussvorlage 236/2023 angenommen, die der Stadtverwaltung grünes Licht gibt, einen Betreiber für die Flüchtlingsunterbringung im Stadtteilhaus zu suchen. Diese Entscheidung, die bereits im Vorfeld erwartet wurde, besiegelt vorerst das Schicksal des Stadtteilhauses.

Trotz des Versuchs der FDP-Fraktion, die Beschlussvorlage von der Tagesordnung zu nehmen, wurde diese mit 6 Gegenstimmen von AFD, FDP und einem Mitglied der Grünen sowie 2 Enthaltungen, von den restlichen Ratsmitgliedern angenommen (insgesamt 40 Stimmberechtigte). Die CDU-Fraktion, die ursprünglich eine Bürgerbeteiligung vor der Entscheidung gefordert hatte, zog ihren Antrag zurück, nachdem eine Bürgermeister-Sprechstunde zum Thema im Januar oder Februar 2024 im Stadtteilhaus mit Herrn Provenzano vereinbart wurde. Den Link zu allen Beiträgen bezüglich des Stadtteilhauses finden Sie am Ende dieses Artikels.

Die Entscheidung hat bei vielen Bürgern und dem aktuellen Mieter einer Wohnung des Hauses für Unmut gesorgt. Der Mieter des Stadtteilhauses, der dort mit seiner schwerstbehinderten Frau lebt, äußerte sich nach der Ratssitzung gegenüber GCN und gab folgendes Statement ab: Also zunächst einmal denke ich, dass nun klar ist, es ging von Anfang an ausschließlich um die Nutzung des Hauses als Flüchtlingsunterkunft. Das sagen die Gutachten, das Hauspersonal und auch der jetzige Eigentümer seit Monaten. Der Bürgermeister hat das immer bestritten und die schwierige Diskussion mit den Bürgern vermieden. Das Bemühen um alternative Unterkünfte ist nicht wirklich erkennbar.

Zweiter Punkt ist das wechselhafte Verhalten der Ratsfraktionen, von denen nur die FDP eine klare Linie hat und sich dem Dialog mit den Bürgern stellt. Es zeigt sich, dass die Mehrheit der Bürger für den Weiterbetrieb als Pflegeeinrichtung mit barrierefreien Wohneinheiten und gegen die Zweckentfremdung als Flüchtlingsunterkunft ist. Negativ fallen besonders CDU und Grüne auf, die erst alles Mögliche von der Verwaltung einfordern und die Anträge dann ohne jeden Kommentar fallen lassen. Die Haltung der SPD war im Vorfeld klar. Was die Bürger davon halten, sehen wir bei der nächsten Wahl, so der Mieter.

Herr und Frau Meyer sind besorgt um die Zukunft ihrer Wohnsituation/GCN

Wir sehen am Beispiel Stadtteilhaus deutlich den laufenden Verdrängungswettbewerb zwischen defizitären Pflegeeinrichtungen und gut subventionierten Flüchtlingsunterkünften. Pflegeheime machen zu, weil das Geld fehlt (oder schlecht verwaltet ist) und Flüchtlingsunterkünfte lohnen sich für die Stadt dank Kopfpauschale vom Land Niedersachsen. Das nervt die Leute, weil die Alten und Kranken im Land auch hilfebedürftig sind und Unterstützung verdienen. Wir sind sehr enttäuscht von der heutigen Entscheidung des Stadtrates, insbesondere das unerklärliche Umkippen der CDU Fraktion, so der Mieter weiter.

Meine Frau weint, ist emotional und fühlt sich als schwerstbehinderte Rollstuhlfahrerin nicht gehört und im Stich gelassen. Zu keinem Zeitpunkt kam die Stadt Garbsen auf uns Mieter zu, um unsere Bedenken zu verstehen und Lösungen zu besprechen. Wie es hier weitergeht, wissen wir nicht. Ein Sicherheitskonzept für das Zusammenleben von Mietern, Tagespflege und Flüchtlingen in diesem offenen Haus gibt es noch nicht. Das wird der Bürgermeister sicher auf der Infoveranstaltung im Januar vorstellen. Wenn die Probleme zu groß werden, müssen wir wohl aus Alt-Garbsen wegziehen. Wir danken ausdrücklich der FDP für ihr Engagement und die Organisation der Bürgerversammlung.„, sagt der Mieter abschließend.

Ein weiteres Statement kommt von Stefan J., einem Bürger aus Altgarbsen, der die ganze Entwicklung des Stadtteilhauses mitbekommen hat und stellvertretend die Meinung vieler Altgarbsener vertritt. Er sagt zum Ausgang der Sitzung: „Ich bin unglaublich enttäuscht, es scheint klar zu sein, dass das Stadtteilhaus von Beginn an, bereits Anfang des Jahres 2023 für die Unterbringung von Flüchtlingen seitens der Stadt auserkoren wurde, das besagt das entsprechende Gutachten, welches bereits im Februar 2023 seitens der Stadt in Auftrag gegeben wurde. Transparenz gegenüber den Bürgern konnte ich von Anfang an nicht erkennen, die Stadt war nicht bereit, vor der heutigen Entscheidung die Bürger in den Prozess mit einzubeziehen. Lediglich die FDP hat die Bürger in einer Sprechstunde zu Wort kommen lassen, was aber leider auch nichts mehr genützt hat.

Ca 25 Bürger/innen verfolgten die gestrige Ratssitzung/GCN

Schwer enttäuscht bin ich von der CDU Fraktion, die sich anfangs noch für eine Bürgerbeteiligung vor Entscheidung ausgesprochen hat, diese dann aber nach einem Gespräch mit dem Bürgermeister wieder fallen ließ und sich auf einen meiner Meinung nach faulen Kompromiss eingelassen hat, eine Bürgermeistersprechstunde Anfang des Jahres abzuhalten, wo es nichts mehr an der Entscheidung zu rütteln gibt. Ich habe für mich gelernt, dass auch in der Kommunalpolitik die Meinung der Bürger nicht zählt, das finde ich und viele Andere, die heute in der Ratssitzung und bei den letzten Sitzungen anwesend waren, unglaublich enttäuschend. Auf die Frage, ob 600 Flüchtlinge für Altgarbsen (gemeinsam mit der Praktiker-Unterkunft der LAB Landesaufnahmebehörde) nicht zu viel wären, wurde bis heute nicht geantwortet. Transparenz sieht für mich anders aus. Ich für meinen Teil werde meine eigene Wahlentscheidung bei der nächsten Kommunalwahl intensiv überdenken.“

Während die ersten Geflüchteten voraussichtlich Anfang April 2024 ins Stadtteilhaus einziehen werden, bleiben Fragen bezüglich der Sicherheit und des Zusammenlebens von Mietern, Tagespflege und Flüchtlingen offen. Die Bürger von Garbsen, die gestern bei der Ratssitzung dabei waren, blicken nun auf die angekündigte Bürgermeistersprechstunde, die im Januar oder Februar 2024 im Stadtteilhaus abgehalten werden soll, um dort dann Antworten auf ihre Fragen zu bekommen.

Lesen Sie alle Beiträge bezüglich der Diskussion des Stadtteilhauses unter diesem Link. Hier finden Sie alle Beiträge, ein Statement des Bürgermeisters, Infos über das Gutachten, welches seitens der Stadt in Auftrag gegeben wurde und viele weitere Informationen, die bezüglich dieses Themas wichtig sind – die aber in diesem Beitrag aufgrund der Länge nicht berücksichtigt werden konnten.

GCN/bs