Garbsen beschließt größtes Investitionsprogramm der Stadtgeschichte – doch viele Projekte bleiben vorerst auf der Strecke

Der Ratssaal war bei der wichtigen Ratssitzung brechend voll/GCN

Garbsen – Garbsen beschließt größtes Investitionsprogramm der Stadtgeschichte – doch viele Projekte bleiben vorerst auf der Strecke.

Rat verabschiedet Investitionsplan über 500 Millionen Euro / Feuerwehrhäuser und Infrastrukturmaßnahmen zurückgestellt.

Der Rat der Stadt Garbsen hat am Dienstagabend mit großer Mehrheit das bislang größte Investitionsprogramm in der Geschichte der Stadt verabschiedet. Über 500 Millionen Euro sollen in den kommenden Jahren in Schulen, Kindertagesstätten, Infrastruktur und andere öffentliche Einrichtungen fließen. Doch trotz der ambitionierten Planungen wurde schnell klar: Nicht alle Projekte können gleichzeitig umgesetzt werden. Zahlreiche Investitionen – darunter mehrere Neubauten für Feuerwachen – müssen vorerst zurückgestellt werden. Dies sorgte insbesondere bei den anwesenden Vertretern der Freiwilligen Feuerwehr für Unmut.


Priorisierung soll finanzielle Belastung abfedern

Mit der nun verabschiedeten Beschlussvorlage 045/2025 hat die Stadtverwaltung gemeinsam mit der Politik eine detaillierte Priorisierung der Investitionen vorgenommen. Hintergrund ist die finanzielle Belastung des Haushalts und die begrenzte personelle Kapazität zur Umsetzung der Bauprojekte. Ein externer Haushalts-Quick-Check hatte bereits Anfang 2024 aufgezeigt, dass die Reinvestitionsquote zu hoch sei und eine Neustrukturierung dringend erforderlich wäre.

Bürgermeister Claudio Provenzano erklärte in der Ratssitzung die Notwendigkeit dieses Vorgehens:
„Garbsen kann das alles schaffen, aber nicht alles gleichzeitig. Wir müssen nachhaltig wirtschaften und sicherstellen, dass wir nur das realisieren, was wir finanziell und organisatorisch stemmen können.“

Um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen, hat die Stadtverwaltung alle Investitionsvorhaben mit einem Einzelvolumen von über 100.000 Euro nach objektiven Kriterien bewertet. Dabei spielten unter anderem folgende Faktoren eine Rolle:

  • Planungsstand: In welchem Stadium befindet sich das Projekt? Gibt es bereits Baupläne oder ist es erst in der Konzeptphase?
  • Finanzierung: Gibt es Fördermittel oder muss die Stadt die Kosten vollständig selbst tragen?
  • Dringlichkeit: Wie notwendig ist das Projekt für die Stadtentwicklung?
  • Personalkapazität: Kann das Projekt mit den vorhandenen Ressourcen der Verwaltung umgesetzt werden?

Auf Basis dieser Bewertung wurden die Investitionen in vier Prioritätsstufen eingeteilt.


Priorität I: Diese Projekte werden umgesetzt

In der Prioritätsstufe I befinden sich ausschließlich Vorhaben, die trotz der angespannten Haushaltslage in der nächsten Zeit umgesetzt werden sollen. Dazu gehören:

  • Neubau der IGS Garbsen: Mit 224 Millionen Euro das mit Abstand größte Investitionsprojekt. Der Bau befindet sich derzeit in Planungsphase 3 und soll mit Fördermitteln in Höhe von 8 Millionen Euro unterstützt werden.
  • Sanierung des Hallenbads am Planetenring: Geplante Kosten von 12 Millionen Euro, davon 4,35 Millionen Euro aus Fördermitteln.
  • Stadtbahnverlängerung in die Neue Mitte: Investition von 25,5 Millionen Euro, die durch bereits bewilligte Fördermittel abgedeckt ist.
  • Bau und Modernisierung mehrerer Kitas: Darunter Neubauten in SchloRi, Horst und am Kleegrund mit Gesamtkosten von über 10 Millionen Euro.
  • Ausbau der Langenhagener Straße: 7,5 Millionen Euro für den Straßenbau, derzeit noch in der Planungsphase.
  • Neubau der Feuerwache Garbsen-Havelse: 7,3 Millionen Euro sind für den Bau bereits eingeplant​.
Quelle: Stadt Garbsen

Diese Projekte haben nach Einschätzung der Stadtverwaltung höchste Priorität und sollen in den kommenden Jahren umgesetzt werden.


Priorität II bis IV: Feuerwehrhäuser und andere Vorhaben müssen warten

Weit schwieriger gestaltet sich die Lage bei allen anderen Investitionsvorhaben. Projekte in den Prioritätsstufen II bis IV werden auf unbestimmte Zeit verschoben. Besonders betroffen sind:

  • Mehrere Feuerwehrhäuser in den Stadtteilen: Neubauten in Horst, Meyenfeld, Frielingen, Stelingen, Berenbostel und Schloss Ricklingen sind in die Prioritätenliste II-IV gerutscht.
  • Radwege und Verkehrsmaßnahmen: Geplante Investitionen für den Radschnellweg Garbsen (1,4 Millionen Euro), den Umbau von Geh- und Radwegen (1,7 Millionen Euro) sowie die Verkehrssicherung (1,8 Millionen Euro) wurden zurückgestellt​.
  • Erschließung und Grünanlagen für Neubaugebiete: Projekte zur Landschaftsaufwertung, neue Spielplätze und die Begrünung von Baugebieten bleiben vorerst in der Warteschleife.
  • Neubau Sozialer Zusammenhalt A.d.Kronsberg: Quartierszentrum (8,9 Millionen)
Quelle: Stadt Garbsen
Quelle: Stadt Garbsen

Die Entscheidung, mehrere Feuerwehrprojekte nicht weiter zu verfolgen, sorgte während der Ratssitzung für besonders große Unzufriedenheit bei den anwesenden Vertretern der Feuerwehr. Sie forderten eine Neubewertung der Prioritäten und kritisierten die langfristige Unsicherheit.


Kritik an fehlenden Zeitplänen und realen Ist-Zahlen

Neben der Diskussion um gestrichene oder aufgeschobene Projekte gab es auch Kritik an der Art der Priorisierung. Vertreter der Politik forderten, dass die Investitionslisten künftig nicht nur nach Dringlichkeit geordnet werden, sondern auch konkrete Zeiträume für die Realisierung enthalten sollten. Zudem sollen die finanziellen Planungen mit realen Ist-Zahlen unterfüttert werden, um eine bessere Einschätzung der Machbarkeit zu ermöglichen.


Änderungsanträge beschlossen

Während der Sitzung wurden auch mehrere Änderungsanträge von CDU, FDP und Grünen beschlossen. Diese beinhalten unter anderem:

  • Eine klarere Definition der Fördermittelvergabe
  • Anpassungen der Priorisierungskriterien
  • Verpflichtung der Verwaltung zu einer halbjährlichen Überprüfung der Investitionsplanung

Mit diesen Änderungen soll sichergestellt werden, dass trotz der finanziellen Herausforderungen eine möglichst gerechte und transparente Mittelverteilung erfolgt.


Fazit: Ein ambitioniertes Programm mit vielen Unbekannten

Der nun verabschiedete Beschluss markiert einen Meilenstein für die Stadtentwicklung in Garbsen. Mit einem Gesamtvolumen von über 500 Millionen Euro setzt die Stadt auf weitreichende Investitionen in Infrastruktur, Bildung und öffentliche Einrichtungen. Doch die Priorisierungsliste zeigt auch die Grenzen der finanziellen Belastbarkeit auf. Viele Projekte bleiben zunächst nur auf dem Papier bestehen. Besonders die Feuerwehren und Radwege-Initiativen müssen sich weiter gedulden.

Ob und wann diese Vorhaben realisiert werden können, hängt nicht zuletzt von zukünftigen Haushaltsentscheidungen sowie möglichen Fördermitteln ab. Bürgermeister Provenzano machte jedoch deutlich: „Wenn sich finanzielle Spielräume oder Fördermöglichkeiten ergeben, werden wir flexibel darauf reagieren.“

Die Politik wird also weiterhin abwägen müssen, welche Projekte Garbsen am dringendsten braucht – und welche noch warten müssen. Lesen Sie dazu: Heftige Debatte um Investitionsplan – Politik kritisiert Priorisierung und fordert Nachbesserungen.

GCN/bs