„Gewalt ist keine Privatsache“ – AWO Frauenberatung macht mit Postkarten auf das Thema häusliche Gewalt in der Nachbarschaft aufmerksam

Die drei AWO Frauenberaterinnen zeigen die Postkarte (von links): Franziska Burbulla, Franziska Albers und Katharina Krüger. Burbulla und Albers beraten in Garbsen, Krüger und Albers in Seelze./ Foto: AWO

Garbsen – Die Auseinandersetzung zwischen dem Ehepaar in der Wohnung nebenan wird immer lauter, plötzlich sind Schreie zu hören, Sekunden später rumpelt es.

Ein ungutes Gefühl stellt sich ein: Wird die Nachbarin gerade Opfer von Gewalt oder handelt sich um einen harmlosen Streit? Und was soll ich jetzt tun? „Gewalt ist keine Privatsache, man darf und kann etwas tun“, betont Katharina Krüger von der AWO Frauenberatungsstelle Seelze. Und deshalb will die AWO Beratungsstelle auf das Thema häusliche Gewalt in der Nachbarschaft aufmerksam – mit einer Postkarten-Kampagne. Anlass ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November. Mehrere tausend Postkarten wollen die AWO Beraterinnen in Seelze und in anderen Städten der Region verteilen.

Die Zahlen und Statistiken zur Gewalt an Frauen sind bereits auf den ersten Blick erschreckend: Jede dritte Frau erlebt im Laufe ihres Lebens Gewalt – meist in den eigenen vier Wänden, hinter geschlossenen Türen. „Mit unserer Aktion wollen wir die Nachbarschaft und den Freundeskreis sensibilisieren, nicht wegzuschauen“, erläutert Franziska Albers von der AWO Beratungsstelle in Garbsen.

Doch was kann man tun, wenn Gewalt in der Nachbarschaft passiert? „Wer Zeuge oder Zeugin eines gewalttätigen Übergriffs wird, sollte die Polizei rufen. Bei einem Verdacht ist es gut, den Kontakt mit der Betroffenen zu suchen und Unterstützung anzubieten“, sagt die AWO Frauenberaterin. Dies könne Unterstützung bei alltäglichen Dingen sein, damit die Betroffene Zeit habe, sich mit den Geschehnissen auseinanderzusetzen.

Außerdem könne man dazu ermutigen, sich professionelle Hilfe und Beratung zu suchen – zum Beispiel bei der AWO Frauenberatung vor Ort oder der Koordinierungs- und Beratungsstelle häusliche Gewalt in Hannover. Wer Gewalt in der Nachbarschaft beobachtet und sich unsicher über das weitere Vorgehen ist, könne sich auch direkt an die AWO Beratungsstelle wenden, betont Krüger.

Die Folgen der Corona-Pandemie – Jobsorgen, Geldprobleme, viel Zeit mit dem Partner allein – führten und führen laut Krüger zu mehr Fällen häuslicher Gewalt. So habe das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ einen Anstieg der Anrufe um rund 20 Prozent verzeichnet.

„Auch bei der AWO können wir diesen Trend beobachten: Immer mehr Frauen suchen unsere Beratungsstellen auf“, sagt Diana Jäger, stellvertretende Fachbereichsleiterin Frauen bei der AWO. Dennoch gebe es eine hohe Dunkelziffer, weshalb noch mehr Aufklärungs- und Präventionsarbeit nötig sei. „Mit dem Verteilen der Postkarten wollen wir der Meinung entgegenwirken, häusliche Gewalt sei eine Privatsache“, so Jäger. „Wenn wir alle gemeinsam hinschauen – Verwandte, Freunde und Nachbarn – dann können wir viel erreichen.“

GCN/ds