Kontroverse Bürgermeister-Sprechstunde im Stadtteilhaus – Ortsratsmitglieder und Bürger verlassen Veranstaltung in Verärgerung

So hatten ich sich Bürger und einige Ratsmitglieder die Veranstaltung nicht vorgestellt/GCN

Garbsen – Kontroverse Bürgermeister-Sprechstunde im Stadtteilhaus – Ortsratsmitglieder und Bürger verlassen Veranstaltung in Verärgerung.

Das Stadtteilhaus soll in Zukunft unter anderem Geflüchteten ein Zuhause bieten, ein Vorhaben, das nach der Zustimmung des Stadtrates Ende letzten Jahres nun in die Phase der Betreibersuche eintritt. Die Einbindung der Bürger in diesen Prozess, ursprünglich geplant als Informationsveranstaltung, nahm eine unerwartete Wendung, als die Zusammenkunft zu einer Bürgermeister-Sprechstunde umfunktioniert wurde (lesen Sie dazu die Stellungnahme der Stadt Garbsen am Ende dieses Beitrages). Diese fand gestern statt.

In dieser Sprechstunde, die eine direkte Kommunikation zwischen Bürgermeister Provenzano und den Bürgern ermöglichen sollte, fand sich der Bürgermeister in einem separaten Raum, ohne dass die Veranstaltung mit einer Begrüßungsrede eröffnet wurde. Diese Entscheidung und das ungewöhnliche Format der Veranstaltung, bei dem Bürger nach vorheriger namentlicher Anmeldung und Vergabe einer Wartenummer einzeln zum Gespräch gebeten wurden, stießen auf Verwunderung und Kritik unter den Anwohnern und Ortsratsmitgliedern.

Besonders hervorzuheben sind die Reaktionen der Bürger, die sich eine offene Diskussion und detaillierte Informationen erhofft hatten. Einige, darunter das im Gebäude wohnende Ehepaar O., äußerten ihr Unverständnis und ihre Enttäuschung über das Fehlen einer offenen Kommunikationsplattform. Eine Bürgerin verließ die Veranstaltung ohne Gespräch mit dem Bürgermeister wieder, allerdings hatten sich gegen 17:00 Uhr lediglich 6 Interessierte registriert.  Die Ortsratsmitglieder Christoph Wenzel (CDU), Dr. Ullrich Jagstaidt (FDP) und Darius Pilarski (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierten ebenfalls die Abkehr von einer erwarteten offenen Diskussionsrunde und verließen die Veranstaltung ebenfalls.

Die o.g. Rats- und Ortsratsmitglieder äußerten sich schriftlich zur gestrigen Bürgermeister-Sprechstunde im Stadtteilhaus:

Katz und Maus Spiel mit dem Ortsrat Garbsen

Die heutige Bürgemeister-Sprechstunde entsprach allem – nur nicht der viel beschworenen Transparenz des Bürgermeisters. Ersichtlich wird, dass der Bürgermeister durch die hinter verschlossenen Türen geführten Gespräche lediglich den Schein einer öffentlichen Information über die Zukunft des Stadtteilhauses erwecken wollte. Eine öffentliche Information sowie Aussprache der Bürgerinnen und Bürger waren nicht erwünscht. Eine solche Information und Aussprache wurde von CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen im Ortsrat Garbsen gefordert und vom Bürgermeister zugesagt.

Auch hat sich die Stadtverwaltung es sich nicht nehmen lassen, 30 Minuten vor Beginn der Bürgermeister-Sprechstunde noch schnell eine Pressmitteilung zu lancieren, in der nun wiederum ganz neue Sachverhalte kundgetan wurden. (GCN berichtete).

Die Zweckentfremdung des Stadtteilhauses wird nun, nach revidierten Aussagen von Frau Probst, durch die Einrichtung von Wohnungen für mobilitätseingeschränkte Personen im obersten Stockwerk relativiert, was in sich nun auch eine gute Meldung ist. Eine Nutzung für Geflüchtete soll nun erst im dritten Quartal 2024 stattfinden. Im letzten Jahr war noch ein extremer Druck auf den Ortsrat und Rat ausgeübt worden, um eine Beschlussfassung über die Vergabe des Betreibervertrages für eine Flüchtlingsunterkunft herbeizuführen. Wahrscheinlich war es dem Bürgermeister wichtig, einen kleinen Teil der in der Stadtkasse vorhanden liquiden Mittel (die aufgrund nicht durchgeführter Baumaßnahmen aufgelaufen sind), in Höhe von 9,1 Mio. € abzuschmelzen.

Der Ortsrat durfte nach der Ankündigung des Bürgermeisters erwarten, dass der Bürgermeister Fragen nicht einzeln hinter einer verschlossenen Tür, sondern in einer öffentlichen Fragestunde beantwortet. Aus diesem Grunde sind auch die meisten Besucher zur Bürgermeister-Sprechstunde gekommen.

 „Meine Zeit kann ich auch anders verschwenden“ so Darius Pilarski (Bündnis 90/Die Grünen). „Dies war nicht als One-Man-Show des Bürgermeisters geplant, sondern als Gelegenheit für Fragen rund um das Stadtteilhaus und die Unterbringung von Geflüchteten. Es stellt sich auch die Frage, wieso der Bürgermeister bei so einer Veranstaltung über 10 Mitarbeiter der verschiedensten Fachrichtungen dabei hatte, was eine Verschwendung von Ressourcen ist, wenn man den Berichten über Personalknappheit und einer Zunahme von Arbeit in der Stadtverwaltung Glauben schenken kann. Einen effizienten Umgang mit Ressourcen stellte die Veranstaltung nicht dar.“

„Das Vorgehen des Bürgermeisters markiert ein übles Faul gegenüber dem Ortsrat als einem wichtigen demokratischen Akteur in der Kommunalpolitik. Der Bürgermeister sollte in sich gehen, ob er die Ortsräte als unmittelbarste Bindeglieder zwischen den Menschen in der Ortschaft und der Stadtverwaltung hinreichend ernst nimmt. Durch sein intransparentes Handeln und Ausspielen des Ortsrates vermag der Bürgermeister nur eins zu erreichen: Vertrauensverlust in der Bevölkerung.“, so Christof Wenzel (CDU).

„Wir befinden uns nun in den Niederungen der Kommunalpolitik, wenn es um eine sachlich und zweckdienliche Diskussion um die Nutzung des Stadtteilhauses geht. Eine ganz geschickt eingefädelte Masche wurde zur heutigen Bürgermeister-Sprechstunde deutlich, um diejenigen Kritiker aus dem Ortsrat Garbsen in Sachen des Stadtteilhaus in die Irre zu führen!“, so Dr. Ullrich Jagstaidt (FDP).

Wir von CDU, Grünen und FDP im Ortsrat Garbsen werden weiterhin sachlich und kritisch die weiteren Phasen zum Stadtteilhaus verfolgen. Das Katz und Mausspiel nehmen wir an, schreiben die Ortsratsmitglieder abschließend.

Die Stadt Garbsen nimmt wie folgt dazu schriftlich Stellung: 

Die Veranstaltung war nie als Informationsveranstaltung im Stil eine Podiumsdiskussion oder ähnlichem geplant oder angekündigt gewesen. Der Kompromiss, der im Dezember vom Ortsrat (in Person Christoph Wenzel) mit dem Bürgermeister gefunden wurde, war stets eine Bürgermeistersprechstunde unter Beteiligung des Ortsrates. So wurde es im Ortsrat im Dezember öffentlich gesagt, so ist es auch im Protokoll nachzulesen, so Stadtsprecher Benjamin Irvin.

Wir sind der Meinung, dass sich dieses Format deutlich besser geeignet hat, da man sehr gezielt auf die Fragen, Befürchtungen oder möglichen Ängste von Bürgerinnen und Bürgern eingehen konnte. Das mögen Teile der Politik anders sehen, so Irvin abschließend. 


Alle Beiträge des Stadtteilhauses können Sie hier nachlesen.

GCN/bs