Garbsen – Pilarski tritt nach 25 Jahren aus der Partei (GRÜNE) aus – verliert rot-grün nun die Mehrheit im Rat?
Die politische Landschaft in Garbsen verschiebt sich. Nach 25 Jahren Mitgliedschaft bei den Grünen verlässt der langjährige Fraktionsvorsitzende (2011-2021) Darius Pilarski die Partei und bewirkt damit auch, dass es evtl. keine Rot-Grüne-Mehrheit mehr in Garbsen gibt.
Sitzverteilung im Rat (Stand: November 2021)
SPD – 15 Sitze
CDU – 13 Sitze
Bürgermeister – 1 Sitz
Bündnis 90/Die Grünen – 6 Sitze (-1)
Alternative für Deutschland – 3 Sitze
FDP – 3 Sitze
Die Unabhängigen/Die Linke – 2 Sitze
GCN sprach mit Pilarski über seine Beweggründe.
Darius Pilarski war lange Zeit eine der prägenden Figuren der Grünen in Garbsen. Er war von 2011 bis 2021 Fraktionsvorsitzender der Grünen im Rat der Stadt Garbsen und 2014 trat er sogar als Bürgermeisterkandidat für die Grünen an. Bei vielen lokalen Themen war er aktiv und galt als engagierter und kompetenter Politiker. Nun kehrt er überraschend nach 25 Jahren seiner Partei den Rücken, was zur Folge hat, dass den GRÜNEN in Garbsen zukünftig eine Stimme im Rat fehlt. GCN sprach mit ihm über die Beweggründe zu dieser Entscheidung.
GCN: Herr Pilarski, Sie sind nach 25 Jahren Mitgliedschaft bei den Grünen ausgetreten. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Pilarski: Diese Entscheidung habe ich mir nicht leicht gemacht. Es war ein langer Prozess. Mit vielen Positionen und Entscheidungen der Partei konnte ich mich nicht mehr identifizieren. Ich habe in den letzten Jahren immer mehr festgestellt, dass die Grünen sich in Teilen von der gesellschaftlichen Realität entfernt haben und mit ideologischen Antworten von gestern auf die Herausforderungen von heute und morgen reagieren – dies betrifft nicht nur die kommunale Ebene, sondern auch die Landes- bzw. Bundesebene.
GCN: Die Grünen sind auf Landes- und Bundesebene doch in der Regierung. Welche Kritik haben Sie bspw. an der Ampel-Regierung?
Pilarski: Kritikpunkte gibt es sicherlich viele bzw. merkt man auch die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Es würde das Interview jetzt sprengen, daher lassen Sie uns lieber über Garbsener Themen sprechen.
GCN: Einverstanden. Sie waren selbst in der Diskussion um den Ankauf des Stadtteilhauses für 9 Millionen Euro involviert, das als Unterkunft für etwa 90 Geflüchtete dienen soll. Diese Entscheidung hat in unserer Leserschaft viel Unmut ausgelöst. Sie haben sich dagegen ausgesprochen. Wurde Ihnen dies parteiintern übel genommen?
Pilarski: Richtig, ich habe mich als einer der wenigen im Garbsener Rat dagegen ausgesprochen, da ich den Ort für falsch und die Ausgabe für unverhältnismäßig halte. Mit dem Geld hätte man viel mehr Menschen helfen können und die Wohnungen denjenigen lassen sollen, für die sie gebaut wurden. Zum Beispiel hat die Landeshauptstadt Hannover kurz darauf den Kauf von neuen Leichtbauhallen für 670 Geflüchtete für nur 7,9 Millionen Euro beschlossen. Das zeigt doch, wie absurd der Preis für das Stadtteilhaus war (9 Millionen für 90 Geflüchtete – ohne Umbaukosten und Ausstattung). Die Preise im Immobilienmarkt fallen und irgendwann hätte jemand zugeschlagen, der die Wohnungen womöglich ohne größere Umbauten weiter genutzt hätte. Garbsen hat mit dem Kauf eher einseitige Wirtschaftsförderung betrieben und beim Eigentümer die Sektkorken knallen lassen.
GCN: Wieso wurde der Beschluss dann mit so großer Mehrheit getroffen. Gab es in Ihrer nun Ex-Partei keine Diskussion?
Pilarski: Es gab intern die Ansage der Vorlage zuzustimmen, da es zur „Grünen DNA“ gehöre für Geflüchtete einzustehen. Dies ist ein Beispiel des Grünen Dogmatismus, den man hier an einem konkreten Beispiel in Garbsen sehen konnte. Das Beispiel Stadtteilhaus zeigt, wie die Politik sich derzeit eher auf die politischen Ränder fokussiert. Es wird nur Rechts und Links wahrgenommen, aber nicht die große Mitte, die zwischen den Rändern zerdrückt und nicht gesehen wird.
Ich fühle mich in der Mitte der Gesellschaft stehend und fühle bei den Grünen nicht mehr mein politisches Zuhause. Nach 25 Jahren war die Entscheidung nicht leicht, aber sie musste sein.
GCN: Wie geht es nun für Sie weiter? Sie haben gesagt, dass Sie weiter im Rat bleiben, aber parteilos. Werden Sie sich einer anderen Fraktion anschließen?
Pilarski: Ja, das ist richtig. Ich werde weiter meine Tätigkeit im Rat wahrnehmen, weil ich mich weiter für die Belange der Bürgerinnen und Bürger in Garbsen einsetzen möchte. Ich werde bis auf Weiteres parteilos bleiben. Um aber organisatorisch gut eingebunden zu sein, möchte ich mich einer anderen Fraktion anschließen. Zu diesem Zeitpunkt kann ich jedoch noch nicht mehr sagen.
GCN: Herr Pilarski, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft.
GCN/bs