Garbsen – Manchmal können letzte Wünsche so einfach sein: Noch einmal drei Sorten Fisch essen – direkt neben den Fanggründen am Steinhuder Meer. Mit ihrem Herzenswunsch-Krankenwagen haben die Malteser einem schwer kranken jungen Mann diesen bescheidenen Wunsch am Mittwoch, 19. August, erfüllt. Mit seinen Eltern und einer „Ziehoma“ fuhren sie den 31-Jährigen nach Steinhude.
Was man sieht: einen freundlichen jungen Mann ohne Beine mit Kapitänsmütze in einem Elektro-Rollstuhl. Was man nicht sieh, aber ahnt: Daniel Schulze hat vermutlich nicht mehr lange zu leben. Was man von seinen Eltern erfährt: Der 31-Jährige weiß das und nimmt es so, wie er sein von Krankheit überschattetes Leben nimmt: mit einem bewundernswerten Optimismus. „Für Daniel ist das Glas immer halb voll“, sagt Vater Jörn Schulze und Mutter Martina ergänzt: „Er ist unser Sonnenschein.“
Und so strahlt auch verdientermaßen die Sonne, als die ehrenamtlichen Malteser Sandra Stenzel und Thomas Mohrbacher am frühen Mittwochmorgen mit ihrem Herzenswunsch-Krankenwagen am Annastift Hannover vorfahren, um Daniel Schulze aus seiner Wohngruppe abzuholen. Neben Jörn und Martina Schulze ist auch Gerhild Kerres gekommen, eine frühere Nachbarin der Schulzes aus Lehrte, die Daniel schon als Kleinkind kannte und seitdem Kontakt zu ihm hält
. Auf der Fahrt nach Steinhude erfährt man: Daniel wurde 1989 mit einem so genannten „offenen Rücken“ – einer Spina bifida – geboren, die auch zu einer leichten geistigen Einschränkung führte. Seit seiner Volljährigkeit wohnt Daniel im Annastift Hannover. 2013 mussten ihm beide Beine amputiert werden. Inzwischen haben sich die Stümpfe infiziert, die Bakterien sitzen schon im Knochen, Antibiotika können nur noch lindern, nicht mehr heilen. „Ärzte haben uns gesagt, Daniel sei austherapiert.“ Anders gesagt: Die Entzündung ist nicht mehr zu stoppen und wird zum Tode führen.
Daniel ist übrigens nicht das leibliche Kind der Schulzes, sondern ein Pflegekind, das sie vor fast 30 Jahren aufgenommen haben – zusätzlich zu ihren leiblichen Kindern, von denen eines ebenfalls behindert ist. „Das macht für mich aber keinen Unterschied“, stellt Vater Jörn klar, „ich betrachte ihn als meinen Sohn.“ So stellen die Schulzes denn auch die Wünsche Daniels in den Mittelpunkt dieses Tages. Seine Kapitänsmütze macht ihn zum Chef und der Kapitän möchte nach der Ankunft in Steinhude etwas trinken und wieder „Dreierlei Fisch“ essen – wie beim letzten Mal.
Im Sommer vergangenen Jahres waren die Schulzes mit Daniel schon einmal in Steinhude, was ihm gut gefallen hat. Einen solchen Tag wollten sie ihm jetzt noch einmal schenken. „Den schweren Elektro-Rollstuhl hätte ich aber nicht in meinen Kofferraum gebracht“, erklärt Vater Jörn. Im Internet stieß seine Frau dann auf den Herzenswunsch-Krankenwagen der Malteser – die das Transportproblem nun professionell lösten.
Nach dem Mittagessen in Steinhude bleibt der kleinen Familie noch Zeit für eine kurze Shoppingtour, bevor sich um 13 Uhr für Daniel die Anker lichten. Mit dem Schiff geht es einmal um das Steinhuder Meer, mit Blick auf Badestrände, Segelyachten und natürlich die Insel Wilhelmstein. Am späten Nachmittag steigt Daniel dann wieder in den wartenden Malteser-Bus. „Nun hast Du doch noch einmal Dein dreierlei Fisch bekommen,“ sagt Vater Jörn, „und sogar noch ein Boot dazu.“ Die Antwort ist ein zufriedenes Lächeln.
Seit rund dreieinhalb Jahren bieten die Malteser in Niedersachsen das Projekt „Herzenswunsch-Krankenwagen“ an. Etwa 100 ehrenamtliche Helfer der Malteser stehen dafür bereit, schwer kranke und sterbende Patienten mit einem voll ausgerüsteten Krankentransportwagen noch einmal an einen Ort ihrer Wahl zu fahren, der ihnen wichtig ist. Da Patienten und deren Begleiter für eine solche Fahrt nichts zahlen, sind die Malteser auf Spenden für den „Herzenswunsch-Krankenwagen“ angewiesen.
GCN/pk