Garbsen – Heftige Debatte um Investitionsplan – Politik kritisiert Priorisierung und fordert Nachbesserungen.
SPD, CDU, FDP und Grüne mit unterschiedlichen Positionen – Feuerwehrhäuser weiterhin ein Streitpunkt
Die Verabschiedung des größten Investitionsprogramms in der Stadtgeschichte sorgt weiter für Diskussionen. Während die Politik grundsätzlich die Notwendigkeit von Investitionen anerkennt, gibt es starke Kritik an der Priorisierung und der finanziellen Planung. Vor allem die Zurückstellung mehrerer Feuerwehrhäuser stößt auf Widerstand. In der Ratssitzung wurden teils hitzige Debatten geführt, in denen sich die Parteien klar positionierten.
SPD: „Wir müssen einen neuen Weg beschreiten“ – Kritik an früherer Finanzpolitik
Die SPD-Fraktion machte deutlich, dass der aktuelle Investitionsstau nicht über Nacht entstanden sei. Fraktionsvorsitzender Carsten Vogel erklärte:
„Wir müssen einen neuen, zukunftsweisenden Weg beschreiten. Der Investitionsstau wurde auch dadurch ausgelöst, weil die Politik lieber einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen wollte.“
Zudem sei das fehlende Personal ein gravierendes Problem, da viele Maßnahmen zwar beschlossen, aber nicht umgesetzt werden könnten. Die SPD kündigte an, zu prüfen, ob an anderer Stelle Kosten eingespart werden können, um zusätzliche Investitionen in Feuerwehrhäuser und Infrastruktur möglich zu machen.
Auch Rüdiger Kauroff (SPD) sieht die aktuelle Haushaltslage kritisch und macht den ehemaligen Kämmerer Walter Häfele mitverantwortlich für die finanzielle Schieflage:
„Als Feuerwehrdezernent zog er durch die Jahresdienstversammlungen unserer Ortsfeuerwehren und sah kein Problem darin, acht Feuerwehrgerätehäuser parallel zu erneuern. Ich erinnere mich noch genau, als ich ihn im letzten Jahr fragte, ob wir uns das so leisten könnten, dafür einfach 40 Millionen zu binden. Seine klare Antwort war ein einfaches JA!“
Kauroff kündigte zwei Anträge an, um die Priorisierungsliste zu überprüfen und weitere Kapazitäten für die Feuerwehrhäuser zu schaffen.
CDU: „Es ist Zeit, die Schuldenbremse zu ziehen“
Die CDU-Fraktion sieht die aktuelle Haushaltslage als Beweis für eine zu expansive Finanzpolitik. Heinrich Dannenbrink betonte, dass er bereits in früheren Haushaltsberatungen vor überzogenen Investitionen gewarnt habe:
„Es ist Zeit, die Handbremse zu ziehen – beziehungsweise die Schuldenbremse. Kommunen sind unterfinanziert, hier braucht es Förderungen von Region, Land und Bund.“
Er kritisierte, dass die Stadtverwaltung sich der finanziellen Probleme früher hätte bewusst sein müssen. Gleichzeitig sprach er sich für pragmatische Lösungen aus: „Wenn es möglich ist, Flächen zu kaufen, dann werden wir darauf auch die Feuerwehren bauen. In Stelingen gibt es nicht einmal eine geeignete Fläche – wir werden das alles genau kontrollieren und darauf achten, dass es weiterverfolgt wird.“
Unterstützung erhielt er von Florian Koschik (FDP), der vor einer ausufernden Verschuldung warnte:
“ Fremdkapitalfinanzierte staatliche Investitionen führen oft zu einer unverantwortlichen Schuldenpolitik, die zukünftige Generationen belastet, anstatt nachhaltige, wirtschaftlich tragfähige Lösungen zu fördern. Irgendjemand muss die 500 Millionen Euro tilgen und die Zinsen ja auch zurückzahlen.“
FDP: Kritik an der Priorisierung – Forderung nach Realzahlen
Die FDP-Fraktion zeigte sich besonders kritisch gegenüber der verabschiedeten Prioritätenliste. Florian Koschik erinnerte an frühere Planungen, in denen ursprünglich Investitionen von 200 bis 300 Millionen Euro vorgesehen waren – inzwischen sei die Summe auf 500 Millionen Euro angewachsen.
„Die Priorisierungsliste ist so nicht tragbar. Wir können nicht weiter blind in eine Verschuldung laufen.“
Der FDP-Politiker Dr. Ullrich Jagstaidt lobte hingegen die transparente Aufstellung des Haushalts durch den neuen Kämmerer Peters, kritisierte jedoch die fehlenden konkreten Zeitangaben für Projekte außerhalb der Priorität I:
„So eine Liste gab es noch nie – das ist ein Fortschritt. Aber wir brauchen Klarheit: Wie lange dauern die Projekte der Priorität 2, 3 oder 4? Lassen Sie uns mit Realzahlen arbeiten. Die bisherigen Schätzungen sind nicht belastbar. Jetzt darüber abzustimmen, wäre fahrlässig.“
Grüne: Lob für die Verwaltung, aber Forderung nach Klimafokus
Die Grünen-Fraktion zeigte sich grundsätzlich mit dem Beschluss einverstanden, betonte jedoch, dass Klimaschutz weiterhin Priorität haben müsse. Dirk Grahn erklärte:
„Dass nicht alles auf einmal geht, ist jedem klar. Aber es ist gut, dass wir eine konstruktive Diskussion führen und die Verwaltung eine neue Liste vorgelegt hat, die mehr Informationen enthält.“
Besonders positiv bewertete er, dass der Klimaschutz im Rahmen der Investitionen nicht vergessen wurde. Gleichzeitig forderte er eine enge Kontrolle über die weitere Umsetzung der Projekte.
Bürgermeister Provenzano: „Nichts ist in Stein gemeißelt“
Bürgermeister Claudio Provenzano verteidigte den eingeschlagenen Weg und verwies auf den erstmals durchgeführten Haushalts-Quick-Check:
„Zum ersten Mal haben wir wirklich analysiert, wie finanzkräftig die Stadt ist. Ich kann nicht verstehen, dass die Politik so geschockt über die Ergebnisse ist. Das Thema muss sachlich angegangen werden – unser Ziel ist es, das Beste für die Stadt und insbesondere für die Feuerwehren herauszuholen.“
Er betonte, dass die Listen flexibel bleiben und regelmäßig überprüft werden sollen:„Nichts ist in Stein gemeißelt. Wir werden auf veränderte Situationen reagieren, und falls sich neue Fördermittel oder Einsparpotenziale ergeben, können wir Prioritäten verschieben.“, so der Bürgermeister.
Die Verwaltung versicherte zudem, dass regelmäßige Berichte über den Fortschritt der Investitionen erfolgen werden, um mögliche Verzögerungen oder Anpassungen frühzeitig zu erkennen.
Fazit: Ein Beschluss mit vielen offenen Fragen
Die gestrige Ratssitzung hat gezeigt, dass der verabschiedete Investitionsplan in seiner jetzigen Form umstritten bleibt. Während einige Fraktionen die Priorisierung als notwendig erachten, gibt es insbesondere von FDP und CDU starke Bedenken hinsichtlich der Finanzierbarkeit. Die SPD sucht nach Möglichkeiten, zusätzliche Feuerwehrhäuser doch noch umzusetzen, während die Grünen den Klimaschutz in den Fokus rücken.
Klar ist, der Beschluss ist nicht das Ende der Debatte. Mit den angekündigten Änderungsanträgen und der fortlaufenden Überprüfung der Prioritätenliste bleibt die Frage offen, welche Projekte letztlich umgesetzt werden können – und welche weiterhin auf der Warteliste bleiben.
GCN/bs