Garbsen – Moschee-Umzug nach Altgarbsen – Stadt prüft Bauanfrage – Eigentümer und Bürgermeister beziehen Stellung
Die Frage, ob die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) künftig im ehemaligen Sparkassengebäude in Altgarbsen ihre neue Heimat finden darf, sorgt weiter für kontroverse Diskussionen. (Wir berichteten) In der jüngsten Ratssitzung vor der Sommerpause kamen zahlreiche Positionen zusammen: politische Anträge, Bürgeranliegen, ein offener Brief der Humanisten und eine persönliche Stellungnahme des Eigentümers Gregor Baum.
Bürgermeister betont rechtliche Gleichbehandlung
Bürgermeister Claudio Provenzano stellte klar, dass die Verwaltung die eingereichte Bauvoranfrage der IGMG nach geltendem Recht prüft – ohne Vorzugsbehandlung, aber auch ohne Benachteiligung: „Wir behandeln sie nicht besser und auch nicht schlechter, sondern genau so, wie man es von einer Verwaltung erwartet.“
Die Gemeinde sei in Garbsen aktiv, engagiert und seit Jahren auf der Suche nach passenden Räumlichkeiten. Derzeit ist sie in einem Keller an der Sandstraße untergebracht. Provenzano betonte, dass er den Wunsch nach geeigneten Räumen nachvollziehen könne, warnte aber gleichzeitig vor einer Vermischung von Verwaltungsaufgaben mit politischen Bewertungen: „Als Verwaltungsleiter handle ich nach bestehendem Recht.“
Kritik äußerte er am offenen Brief des Humanistischen Verbands Niedersachsen, in dem Zweifel an der demokratischen Ausrichtung der IGMG geäußert wurden. Der Bürgermeister wies darauf hin, dass die Gemeinde in Niedersachsen seit elf Jahren nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet werde und sprach sich gegen pauschale Vorverurteilungen aus.
Um Transparenz zu schaffen, schlug Provenzano eine öffentliche Informationsveranstaltung mit Beteiligung der Gemeinde vor, an der er sich selbst aktiv beteiligen möchte. Ob das vor der evtl. Genehmigung der Bauvoranfrage geschieht, blieb offen.
Gregor Baum: Religionsfreiheit und Verantwortung als Eigentümer
Erstmals äußerte sich auch Gregor Baum, dem das Sparkassengebäude gehört, öffentlich zur Situation. Er berichtete von Gesprächen mit der IGMG und anderen Akteuren wie dem jüdischen Landesverband, die bereits vor Jahren seine Unterstützung bei der Raumsuche angeregt hätten.
Baum sagte: „Ich bin so erzogen worden, dass jede demokratische Religionsausübung unterstützt werden sollte.“ Für ihn sei es selbstverständlich, Gebäude im Rahmen des Grundgesetzes auch religiösen Gruppen anzubieten – unabhängig von Herkunft oder Glaubensrichtung.
Offener Brief der Humanisten: Sorge vor legalistischem Islamismus
Der Humanistische Verband Deutschlands, Landesverband Niedersachsen, äußerte sich in einem offenen Brief kritisch zum möglichen Umzug. Die IGMG wird dort als Teil eines politischen Spektrums beschrieben, das langfristig eine Ordnung auf islamischer Grundlage anstrebe.
Man sehe die freiheitlich-demokratische Grundordnung dadurch in Gefahr und warne vor einer Aufwertung durch sichtbare Präsenz im Stadtbild. Der Verband rief dazu auf, demokratische und liberale muslimische Gruppen zu fördern. OffenerBrief_Provenzano_Moschee_062025
CDU: Fehlende Transparenz und verpasste Debatte
Darius Pilaski (CDU) kritisierte, dass der Antrag seiner Fraktion auf eine Veränderungssperre nicht auf die Tagesordnung gesetzt wurde – obwohl gleichzeitig die Bauvoranfrage der IGMG bearbeitet werde. Die CDU sieht darin ein Ungleichgewicht: „Kommt ein positiver Bauvorbescheid, entfällt die Möglichkeit einer Veränderungssperre.“
Die CDU betont, dass es ihr nicht um eine pauschale Ablehnung religiöser Einrichtungen gehe, sondern um eine offene und faktenbasierte Debatte, auch mit Blick auf Beobachtungen der IGMG durch Verfassungsschutzbehörden in anderen Bundesländern.
Die Stellungnahme Pilaskis wurde Garbsen-City-News im Nachgang der Sitzung direkt zugesandt.
FDP: Baurechtliche Standards müssen eingehalten werden
Auch Florian Koschik, Fraktionsvorsitzender der FDP, meldete sich mit einer direkten Stellungnahme an unsere Redaktion zu Wort. Er stellte klar: „Religionsfreiheit ist ein hohes Gut, das uneingeschränkt gilt. Gleichzeitig erwarten wir von jedem Bauherrn die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften sowie Transparenz gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt.“
Die FDP fordert, dass sämtliche Anforderungen an Stellplätze, Verkehrsanbindung, Lärmschutz und städtebauliche Integration erfüllt und nachvollziehbar geprüft werden. Nur dann könne eine Genehmigung erfolgen – im Rahmen eines transparenten, rechtssicheren Verfahrens.
Nächste Schritte offen
Am Ende der Debatte sprach sich der Rat dafür aus, die eingereichte Bauvoranfrage regulär nach den bestehenden Vorschriften zu bearbeiten. Wie lange die Prüfung dauern wird, ist derzeit unklar.
Klar ist jedoch: Die Entwicklung rund um die Sparkassenimmobilie bleibt ein emotionales und politisch bedeutendes Thema für Garbsen.
GCN/bs