Kulturnetzwerk Garbsen wendet sich mit einem offenen Brief an Garbsens Politik

Kulturnetzwerk Garbsen kämpft für Kulturschaffende in der Corona-Krise Foto: KulturNetzwerk Garbsen

Garbsen – Wie wir wissen, leidet die Kulturszene in ganz Deutschland, so auch in Garbsen sehr stark unter der Corona-Pandemie, mehr noch als die Gastronomie, denn die Kulturschaffenden konnten in den letzten Monaten so gut wie gar keine Umsätze tätigen.

Das neu gegründete Kulturnetzwerk Garbsen wendet sich nun mit einem offenen Brief an die Politik bzw. an den Bürgermeister. Der Brief im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Grahl, sehr geehrte Vertreter aus Stadtverwaltung, Kommunal- und Landespolitik,

unsere Initiative, das Kulturnetzwerk Garbsen, ist noch ganz jung und erst im Sommer 2020 gegründet worden. Dennoch sehen wir es als unsere Verantwortung und Verpflichtung, in der aktuellen Situation ein Zeichen zu setzen. Der erneute coronabedingte komplette Stillstand des Kulturbetriebs trifft auch die Kulturschaffenden und Kulturveranstalter in Garbsen hart. Der aktuelle, vor ein paar Tagen beschlossene Teil-Lockdown wirkt wie eine heftige Vollbremsung.

Wir meinen, es ist Zeit für ein Signal. Ein Signal, dass die Garbsener Kulturszene noch lebt: ob in Ateliers, auf Bühnen, in Werkstätten, in Tonstudios, am Schreibtisch. Und wir meinen, es ist Zeit für ein Signal von Solidarität und zwar von Stadtverwaltung und der Politik.

Wir sind überzeugt, dass Kultur eine gesellschaftspolitische Aufgabe hat. Mit unserer Arbeit möchten wir Künstlern und Kulturveranstalter eine Stimme geben, daher ist diese Initiative gegründet worden. Wir meinen, es ist Zeit, dass die Bedeutung, die Wertigkeit und das Potenzial von Kunst und Kultur für die Gesellschaft und Politik in Garbsen zum Ausdruck gebracht wird. Die Kulturszene ist seit einigen Monaten wie gelähmt. Künstler und Kulturschaffende waren die ersten, die nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen konnten. Das Auftritts- und Veranstaltungsverbot gleicht einem Berufsverbot, Künstler sind jedoch nicht arbeitslos, sie dürfen nicht arbeiten.

Die Stadtverwaltung hat dankenswerterweise im Frühjahr Angebote der Unterstützung gemacht, einige Kulturinitiativen waren gerade erst zu einem vorsichtigen Betrieb zurückgekehrt – mit aufwendigen Hygienekonzepten, die neben viel Einsatz auch Geld kosten – ähnlich wie in der Gastronomie.

Wir alle wissen, wie herausfordernd diese besondere Zeit für Politik und Verwaltung ist. Wir alle hoffen, dass mit den aktuellen Corona-Verordnungen das Virus wirksam eingedämmt werden kann. Wir erkennen den Ernst der Lage. Doch wenn die Politik von Kulturschaffenden und -veranstaltern Solidarität fordert, erwarten wir ebenfalls Solidarität – und vor allem eine Wertschätzung für die Bedeutung unserer Arbeit. Wir sind einerseits enttäuscht über die geringe Wahrnehmung, wir erleben diese Zeit wie eine große Stille, im doppelten Sinne. Doch es geht hier noch um mehr: Die wenigsten Kulturschaffenden und -Veranstalter arbeiten für sich selbst und ihre Kunst, sondern sie leben von ihrer Kunst.

Ehrenamtliche Initiativen gestalten Kultur in ihrer Freizeit – für die Allgemeinheit. Sie bieten die Bühne zur Auseinandersetzung, gestalten die kulturelle Landschaft dieser Stadt, haben eine große Außenwirkung, die oft weit über Garbsen hinaus strahlt. Für sie alle ist Kultur existenziell.

Wir meinen, es ist Zeit für ein Zeichen. Dass diese Kulturlandschaft, diese lebendige Kulturszene erhalten bleiben, dass Konzepte entwickelt werden, wie diese Akteure durch die Krise kommen können. Auf Bundesebene gibt es erste vorsichtige Ansätze. Krisen wirken oft wie ein Brennglas. Handlungsfelder in der Kulturszene in Garbsen sehen wir schon länger. Wir denken da an Vernetzung, an Austausch, an Beteiligung, an kreative Veranstaltungsformate, neue Ausstellungsräume. Auch das sind Themen, denen wir uns widmen und die Entwicklung des Kulturlebens in Garbsen mitgestalten wollen.

Flyer Kulturnetzwerk Garbsen

Jede Krise ist auch eine Chance: Wir regen an, über eine Kulturförderung der freien und selbständigen Künstler zu diskutieren, ähnlich der Unterstützung der Vereine, die die sogenannte Altenarbeit fördern. Es gibt einige städtische Kulturprojekte, die fest im Haushalt eingeplant sind – wir bitten darum, auch die freie Kulturszene finanziell nicht im Regen stehenzulassen. Zudem regen wir an, einen Kulturentwicklungsplan für Garbsen zu initiieren mit dem Blick auf kulturelle Ziele und Perspektiven. Gern stehen wir zum Austausch bereit. Wir sind überzeugt, Kultur prägt nicht nur die Atmosphäre einer Stadt – sie ist die Seele einer Stadt.

für das Kulturnetzwerk Garbsen Anna Beisse-Munemo und Caleb Munemo, Martina Heger, Karin Kummer-Trull, Gabriele Rinkleff, Hans-Werner Blume, Angelika Holzbach, Birgit Jensen, Andreas Warlich und Jutta Grätz.

unterstützt von: Jördis Coldewey, Horster Harlekin Jazzclub Garbsen Verena Unruh Dittmar Bachmann, Comedian Fototeam Garbsen Oliver Pohl, Kunst, Kultur & Umweltmanagement Constanze Buch, Homeyers Hof Didier Carmona, Clown und Pantomime Berenbostel Chor Ad Libitum Kellerbühne Garbsen Ingolf Heinemann, Kunstverein Wunstorf.

Jetzt bleibt es abzuwarten, ob und welche Möglichkeiten die Politik in Garbsen hat und in wieweit diese umgesetzt werden können. Hartmut Büttner (CDU Garbsen) hat bereits mit einem Antwortschreiben an das Kulturnetzwerk reagiert: Der Brief im Wortlaut:

Sehr geehrte Mitglieder des Kulturnetzwerkes Garbsen,

Danke für Ihr offenes Schreiben vom 2.November 2020.

Ihre Initiative, einmal plakativ darzustellen wie viele Menschen, Werkstätten, Ateliers, Bühnen und Vereine Kultur bei uns in Garbsen gestalten und ausmachen ist wichtig und unterstützenswert. Wertvoll empfinde ich vor allem die Formulierung, dass Ihr Wirken für Kultur in unserer Stadt eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe ist. Ich solidarisiere mich ausdrücklich mit Ihrem Anliegen. Es muss unser aller Anliegen werden, denn ohne eine örtlich lebendige Kulturszene verarmt eine Stadt.

Auf der Bundesebene gibt es ja jetzt endlich einige finanzielle Hilfsmöglichkeiten, vor allem für die vielen Soloselbstständigen, besonders aus der Kulturszene.

Gleichzeitig gestehe ich allerdings auch, dass ich mich relativ hilflos fühle, was die kommunale Garbsener Ebene für Sie in der derzeitigen Coronasituation praktisch unternehmen kann? Sie sprechen in Ihrem Schreiben einige Vorschläge an.

Wir treten jetzt in die Beratungen für den städtischen Haushalt des nächsten Jahres ein. Im Dialog sollten wir uns verständigen, in welcher Weise wir die freie Kulturszene in Garbsen unterstützen können? Wir haben dann die schwierige Aufgabe aus der Fülle von wichtigen und notwendigen Maßnahmen für unsere Stadt die richtigen und wichtigsten auszuwählen.

Ob das Kulturnetzwerk Garbsen mit dieser Antwort zufrieden ist?

GCN/bs